Am vergangenen Sonntag und Montag sind zwei Untersee-Datenkabel in der Ostsee beschädigt worden; das Datenkabel C-Lion 1 zwischen Finnland und Deutschland sowie das Kabel BCS-East-West Interlink zwischen Litauen und der Insel Gotland.

Nicht nur für deutsche, schweizer und schwedische Kommentatoren und „Experten“ war auch ohne Vorliegen von Beweisen sofort klar: Das kann nur Sabotage von Russen oder Chinesen (oder Iran oder Nordkorea) gewesen sein.

Andi Olluri auf globalpolitics.se erläutert in seiner Rubrik „Tägliche Propaganda“, was die Motivation für die ungehemmte Veröffentlichung derartiger reiner Verdächtigungen ist.

Nachfolgend die deutsche Übersetzung

Tägliche Propaganda: Sabotage in der Ostsee

Nach einer massiven Propaganda-Breitseite, die darauf abzielt, die Menschen im Westen davon zu überzeugen, dass die Russen uns jeden Moment im Bett erwischen können, hat die journalistische Gemeinschaft nun die Gelegenheit ergriffen, China, Russland (oder andere offizielle Feinde) als Verantwortliche für die Sabotage der Kommunikationskabel in der Ostsee darzustellen.

Ein wichtiges Element der Propaganda ist es, keine Gelegenheit auszulassen, die Bürger daran zu erinnern, wie gefährlich und perfide der Feind ist, völlig unabhängig von vorliegenden – oder fehlenden – Beweisen. Anschuldigungen sind immun gegen künftige Korrekturen.

Der führende Kriegsfanatiker und ideologische Lobbyist von Frivärld, Patrik Oksanen, ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen.

Als angesehener Journalist mit einem guten Urteilsvermögen darüber, was als verlässliches Beweismaterial durchgeht, begann er seinen Beitrag mit einem Zitat von Mike Utley, dem Leiter des NATO-Marinehauptquartiers Marcom. Utley warnte vor „der Viererbande“. Die vier, die die maritime Sicherheit herausfordern, sind Russland, China, Iran und Nordkorea. Sie tun dies sowohl offen als auch verdeckt und manchmal auch indirekt durch Stellvertreter, beispielsweise Angriffe der Houthi-Rebellen auf westliche Schiffe im Roten Meer. Außerdem, so der Vizeadmiral, gibt es eine zunehmende Koordinierung zwischen den vier“.¹

Herr Utley hat es gesagt, und deshalb ist kein Beweis erforderlich. Unsere lieben Führer haben es gesagt. Es gibt nichts mehr zu diskutieren.
Außerdem wäre es noch weniger angebracht, einen Kontext zu liefern – zum Beispiel, was bei früheren Sabotageakten, zum Beispiel bei Nordstream, passiert ist. Unpassende Fakten werden am besten vermieden.

„Zur gleichen Zeit“, als die Kabel zerstört wurden, „verließ das chinesische Schiff Yi Peng 3 den russischen Ölhafen Ust-Luga im Finnischen Meerbusen“. „Im Oktober vergangenen Jahres“, so Oksanen weiter, „fuhr das Atomfrachtschiff Sevmorput des staatlichen russischen Atomkonzerns Rosatom zusammen mit der Newnew Polarbear, einem unter Hongkong-Flagge fahrenden Schiff einer chinesischen Reederei in russischem Besitz“.

Wie üblich hat Oksanen nie ausdrücklich behauptet, dass der Feind und seine Tentakel dafür verantwortlich sind, sondern er hat es nur angedeutet. Das ist effektiv: Nachdem man oft genug auf den Feind und seine Tentakel hingewiesen hat – ohne Beweise -, wird es als selbstverständlich angesehen, dass sie verantwortlich sein müssen, unabhängig von Beweisen. Ähnlich wie bei der Nordstream-Sabotage, über deren Verantwortliche Oksanen und seine Kollegen gelogen – und sich nie korrigiert haben.

„Es gibt zwei Dinge, die wir tun können. Das eine ist, das neue Sanktionsinstrument der EU gegen die russische hybride Kriegsführung sehr aktiv und aggressiv einzusetzen und die beteiligten Reedereien, Häfen und Finanziers ins Visier zu nehmen“, schloss er. „Die andere besteht darin, anzuerkennen, dass Schwedens Wohlstand auf freien Meeren beruht und dass Schweden viel mehr in die maritime Sicherheit investieren muss, als in der anstehenden Haushaltsentscheidung vorgesehen.“

Und das ist es, worum es wirklich geht: der Bevölkerung genug Angst einzujagen, damit man ihr „bei der anstehenden Verteidigungsentscheidung“ Steuergelder abnehmen kann.

Ende der Übersetzung

Wie wird in Deutschland argumentiert?

Natürlich ebenfalls durch das Erzeugen von Angst. Kriegsminister Pistorius beruft sich auf vermeintliche Äußerungen von Putin, der „nach der Ukraine nicht halt machen wird“ – kann aber auf Nachfrage keine Quelle angeben. ²

Quellenangaben

¹ SvD, Patrik Oksanen, 23.11.24
² Daniela Dahn, Schlaf der Vernunft, rororo 2024